Erstes Urteil des Bundesgerichtshofs zum Hinterbliebenengeld

10.04.2023, Rechtsanwalt Frederic Leutheuser LL.M.

Der Bundesgerichtshof hat am 06.12.2022 erstmals über das im Jahr 2017 eingeführte Hinterbliebenengeld entschieden.

Im deutschen Recht hat es lange keine Entschädigung für Hinterbliebene gegeben, deren Angehörige bei Verkehrsunfällen oder anderen Unglücken getötet werden. Der Absturz eines Flugzeugs der Fluglinie Germanwings im März 2015 mit 150 Toten, bei dem viele Angehörige keinen Anspruch auf Entschädigung hatten, führte aber zu einem Umdenken.

Seit 2017 steht nahen Angehörigen nun für das erlittene seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu. Von der Neuregelung profitieren nicht nur Angehörige von Verkehrsunfallopfern. Vielmehr besteht der Anspruch auch nach Zugunglücken, Flugzeugabstürzen oder einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung, die zum Tod des Patienten führt.

Der Bundesgerichtshof hat nun erstmals Kriterien für die Höhe des Hinterbliebenengeldes aufgestellt. Entscheidend ist das seelische Leid des Anspruchstellers. Hier will der Bundesgerichtshof vor allem die Art des Näheverhältnisses, die Bedeutung des Verstorbenen für den Anspruchsteller und die Qualität der persönlichen Beziehung zwischen dem Anspruchsteller und dem Verstorbenen berücksichtigen. Daneben will der Bundesgerichtshof das Verschulden des Schädigers berücksichtigen. Für Angehörige eines Verbrechensopfers wird das Hinterbliebenengeld daher höher ausfallen als bei Angehörigen eines Verkehrsunfallopfers.

BGH, Urt. v. 06.12.2022 – VI ZR 73/21